Verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung bei deutschen Telekomunikationsanbietern

Der AK Vorratsdatenspeicherung ruft mit seiner heutigen Pressemitteilung nocheinmal zum mitzeichnen der aktuellen Vorratsdaten-Petition auf und weißt auf die problematische aktuelle Lage hin. Noch 31.000 Unterschriften werden bis zum 14. September benötigt um eine Anhörung im Petitionsausschuss zu erreichen. Als Anlass nehmen die Aktivisten einen in Auszügen veröffentlichten „Leitfaden zum Datenzugriff“ der Münchner Staatsanwaltschaft.

Nach Paragraf 97 des Telekommunikationsgesetzes haben Anbieter „für die Abrechnung nicht erforderliche Daten […] unverzüglich zu löschen“. Tatsächlich aber protokollieren Telekommunikationsanbieter bis zu sechs Monate lang, von wem ihre Kunden angerufen wurden, obwohl die Anrufannahme in aller Regel nicht kostenpflichtig ist […], so der als „Verschlusssache“ eingestufte „Leitfaden“ der Generalstaatsanwaltschaft. Zudem zeichnen die Mobilfunk-Netzbetreiber illegal die Position aller Handynutzer auf […]. Nur bei Prepaidkarten werden dem Dokument zufolge „bis auf wenige Ausnahmen keine Verkehrsdaten gespeichert“.

„Die nun offengelegte Sammelpraxis der deutschen Telekommunikationsbranche ist skandalös“, erklärt Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Die illegale Kommunikations- und Bewegungsdatenspeicherung der deutschen Telekommunikationsbranche bringt Millionen von Menschen in die Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen, weil sie zufällig am falschen Ort waren oder mit der falschen Person telefoniert haben – das mussten erst vor wenigen Wochen 1 Mio. Menschen in Dresden erleben.[2] Die Datenberge schaffen auch die permanente Gefahr von Datenpannen und Datenverkauf, wie bei T-Mobile bereits geschehen,[3] und einer Aufdeckung der Quellen von Journalisten, wie bei der Deutschen Telekom geschehen[4]. Nur nicht gespeicherte Daten sind sichere Daten!“

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert die Verantwortlichen auf, unverzüglich gegen die skandalösen Rechtsverstöße einzuschreiten:

  1. Die Telekommunikationsbranche muss die Aufzeichnung unserer Bewegungen und entgegengenommener Anrufe sofort stoppen! Die bei Prepaidkarten mögliche sofortige Abrechnung und Verbindungsdatenlöschung muss auch allen anderen Kunden angeboten werden, die keinen Einzelverbindungsnachweis wünschen.
  2. Der Bundesdatenschutzbeauftragte muss Bußgelder gegen alle Unternehmen verhängen, die die vom Gesetz geforderte „unverzügliche“ Löschung abrechnungsirrelevanter Daten erst nach Tagen, Wochen oder gar Monaten vornehmen.
  3. Der Deutsche Bundestag muss bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes eindeutig festschreiben, dass abrechnungsirrelevante Telekommunikationsdaten spätestens mit Ablauf des nächsten Tages zu löschen sind. Außerdem muss jeder Bürger das Recht erhalten, von seinem Anbieter eine sofortige Gebührenabrechnung und Datenlöschung mit Verbindungsende zu verlangen. Einen entsprechenden Formulierungsvorschlag hat der AK Vorrat schon im Mai vorgelegt.[5]

Besorgten Bürgern und Unternehmen empfehlen wir, zu einem Telefon-, Handy- und Internetanbieter zu wechseln, der seine Kunden möglichst wenig ausspioniert (Festnetz: Deutsche Telekom, Mobilfunk und UMTS: Prepaidkarten aller Anbieter, DSL-Internetzugang: Hansenet/Alice oder Vodafone DSL). Auf unserer Internetseite http://akvorrat.de/s/Anbieter findet sich eine Übersicht über die Speicherdauer von 25 Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetanbietern. Außerdem sollte man von seinen Telekommunikationsanbietern schriftlich eine sofortige Verbindungsdatenlöschung mit Verbindungsende oder mit Rechnungsversand verlangen.

Noch eine kleine Anekdote zum Thema: Fefe deckt auf, dass ein SPD-Vorratsdatenspeicherungs-AK-Mitglied scheinbar bei einer mutmaßlich für Filesharing-Abmahnungen bekannt gewordenen Kanzlei arbeitet.